Foto: Angela Schmidt
Am 1. Juli 1993 traten in im thüringischen Bischofferode rund 40 Kumpel des Kalibergwerks „Thomas Müntzer“ in einen Hungerstreik, um „ihren Schacht“ noch zu retten. Kaum ein anderer Ort steht seither so prominent für den Protest gegen die Stilllegung von Betrieben und die Politik der Treuhandanstalt wie die kleine Gemeinde im katholischen Eichsfeld. Der Hungerstreik erhielt 1993 aber nicht nur im Osten, sondern auch im Westen Deutschlands breite Aufmerksamkeit und rief Solidarität hervor. Als »Treuhand-Trauma« der Ostdeutschen gewinnt dieses Ereignis – nach vielen Jahren des Vergessens – im Lichte der politischen Mobilisierungsstrategien der AfD in den neuen Bundesländern wieder an trauriger Aktualität.
Vor dem Hintergrund des noch immer virulenten Deutungskonflikts um die damaligen Proteste hat Christian Rau die »lange« Geschichte des Streiks untersucht. Wir werden mit ihm die Frage diskutieren, ob populäre Narrative vom Siegeszug des Westens oder von der »Übernahme« des Ostens durch den Westen der historischen Wirklichkeit gerecht werden.
Christian Rau, 1984 in Gera geboren, ist Zeithistoriker. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte München-Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte sind Sozial- und Kulturgeschichte der DDR, Geschichte der deutschen Teilung und des Kalten Krieges, Transformationsgeschichte, Gewerkschaftsgeschichte und europäische Stadtgeschichte.
Das Gespräch führen Uta Karstein und Anton Marchel.
Eintritt ist frei.