David Engels: Auf dem Weg ins Imperium – Die Krise der EU und der Untergang der Römischen Republik

Steht die Europäische Union vor einem ähnlich spektakulären Systemwechsel wie einst die späte Römische Republik? Ja, sagt der deutsch-belgische Historiker David Engels. Anhand des Wertekanons, den der Autor als Säule europäischer Identität erachtet und den er in seinem Wandel und seinen gesellschaftlichen Effekten analysiert, vergleicht er verschiedene Aspekte der Identitätskonstruktion der Europäischen Union mit Krisensymptomen der ausgehenden Römischen Republik – und zieht dabei beunruhigende Parallelen. Mündet die Sinnkrise in den Prozess einer Selbstabschaffung Europas? Engels entwirft nach historischem Vorbild zwei Alternativen: die schwächende Rückkehr zum Nationalstaat oder die Einigung der europäischen Länder in einem zwar gestärkten, aber zugleich autoritären und wertkonservativen Zivilisationsstaat! Engels Prognosen werden mit geteilten Gefühlen aufgenommen: handelt es sich hierbei um die Klage eines Kulturkritikers über den Verfall traditioneller Werte wie Familiensinn und gesellschaftlicher Solidarität oder zeigt Engels in aller Deutlichkeit den Fluchtpunkt einer sich selbst überholenden Konsumgesellschaft mit der Relativität ihrer Weltanschauungen und rechnet uns aus, was Europa zu zahlen haben wird, um das Selbstbewusstsein seiner Identität auch in Zukunft zu erhalten?

David Engels, Jahrgang 1979, ist seit 2008 Inhaber des Lehrstuhls für Römische Geschichte an der Universität Brüssel (ULB) und seit 2012 Direktor der altertumswissenschaftlichen Zeitschrift Latomus. 2013 veröffentlichte er in Paris das Buch ‚Le déclin‘, das in Frankreich für eine lebhafte Debatte über die Frage sorgte, ob auch die Europäische Union, genau wie die spätrömische Republik, einer Zeit der Bürgerkriege und der Transformation in ein autoritäres Regime entgegengehen wird.

Bei der Moderation wird Bettina Kremberg von Michael Holzwarth unterstützt.